Sind wir noch Sparkasse? Vertrieb und Service neu denken!
Die jüngsten Veränderungen am Zinsmarkt haben nach Aussagen zahlreicher Sparkassen-Vorstände zur Entspannung beigetragen. Jedoch nicht in allen. Denn das Pendel schlägt bei einigen Instituten auch in eine andere Richtung: Die Kundennachfrage nach gut verzinsten Einlagen wächst, da Wettbewerber mittlerweile 2,5% auf ein Tagesgeld-Produkt anbieten. Das kann mit Blick auf die jahrelange Kreditpolitik der Sparkassen mit langfristig verzinstem Aktivgeschäft zu einem echten Problem werden. Zudem: Die Probleme der Realität und der nächsten Jahre haben sich trotz Zinsentwicklung nicht verändert. Viele Stellen im Vertrieb sind seit Jahren nicht besetzt. In Zeiten eines ausgeprägten Arbeitnehmermarktes genügend Nachwuchskräfte zu finden, ist mittlerweile unglaublich schwer geworden. Der „war for talents“ geht schon so weit, dass Sparkassen Kopfprämien zahlen, sobald ein neuer Mitarbeitender einen Vertrag unterschreibt.
SC-Messungen zeigen, dass die Sparkassen demographisch in den kommenden vier bis fünf Jahren durch den Renteneinstieg der Baby-Boomer rund 30-35 % weniger Personal zur Verfügung haben werden. Zudem schreiten aufsichtsrechtliche Anforderungen voran und das noch nicht in jeder Dimension anfassbare Themenfeld Nachhaltigkeit beschäftigt die Sparkassen natürlich auch. Sowohl unter dem Aspekt der Arbeitgeber-, aber auch der Kundenattraktivität.
Umso wichtiger erscheint es angesichts dieser Herausforderungen, Themen rund um die Automatisierung und Vereinfachung von Prozessen anzugehen. Von der Identifikation bis zum Produkt-/Serviceabschluss, zur automatisierten Kundenansprache und einer betriebswirtschaftlichen, aber auch kundenfokussierten Beratungs- und Serviceökonomie. Vor allem, um als Institut die Wertschöpfung mit weniger Personal überhaupt stemmen zu können.
Was kann das für eine Sparkasse bedeuten, um den Rahmenbedingungen in Zukunft noch gerecht werden zu können?
- Bekenntnis zur „mobile-first“-Strategie – denn die App bzw. das Firmenkundenportal bieten das, was es für Service und einfache Produktabschlüsse braucht.
- Etablierung eines KSC privat und gewerblich mit klarer Vertriebsausrichtung und exzellenter Serviceunterstützung für alle Kunden, die in der App bzw. dem FKP nicht weiterkommen oder kurzfristig Hilfe brauchen. Dabei ist auf einen Einsatz von Anrufrouting- und Chatsoftware zu achten, um einfache Anfragen im Vorfeld von der personenbezogenen Einbindung abzuwenden, da diese schlichtweg zu teuer ist.
- Bündelung von Servicekunden privat und gewerblich in einem KSC, um das Standortnetz zu entlasten.
- Bepreisung von personenbasierten Services in den Standorten.
- Bündelung von Standorten auf absolute „Hochleister-Einheiten“, d.h. größere Standorte mit dem vollen Sortiment an Beratung und Service.
- Konsequente Schaffung von Pool-Betreuungslösungen im Retail-Geschäft privat (KK) und gewerblich (GSK / GK) und Bündelung in medialen Vertriebseinheiten, um die laufende Fluktuation besser steuern und nicht besetzte Stellen abfedern zu können.
- Bewertung der Spielräume in den Kundenbetreuer-Relationen in der 1:1-Betreuung im gehobenen Privatkunden-/Private-Banking-Geschäft und dem gehobenen Firmen- und Unternehmenskundengeschäft. Dabei muss es das Ziel sein, die 1:1-Betreuung aufrecht zu erhalten. Diese Personen verkörpern hybride Beratung vollumfänglich.
- Reorganisation der Führungsstruktur und -philosophie hin zu einem agilen Führungsmodell.
- Ausbau von Kooperationen mit anderen Sparkassen rund um vertriebliche Spezialbereiche (z.B. S-International, Konsortial- und Projektgeschäft).
„Aber ist das noch Sparkasse?“
Diese Frage wurde mir in den letzten Wochen und Monaten nicht nur einmal gestellt. Und ich kann Ihnen sagen: JA! Denn damit bleiben Sparkassen kundenorientiert und sichern ihre Zukunft als attraktiver Finanzdienstleister und attraktiver Arbeitgeber.
Sie wollen wissen, wie das funktionieren kann und wie es umsetzbar ist? Dann sprechen Sie mich oder meine fachkundigen Kolleginnen und Kollegen gerne an. Denn wir können nicht nur Strategie, sondern auch Konzeption und Umsetzung!
In eigener Sache
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal die Gelegenheit nutzen, Ihnen mitzuteilen, dass mein geschätzter Kollege Roland Elsner ab 1. Juli 2023 den Unternehmensbereich Vertrieb & Digitales übernehmen wird, da ich zum gleichen Zeitpunkt in die Geschäftsführung der Sparkassen Consulting wechseln werde. Wir freuen uns sehr auf die jeweils neuen Aufgaben.
Sprechen Sie uns gerne an – wir freuen uns auf die Gespräche mit Ihnen.
Ihr Sascha Ruh
Prokurist und Unternehmensbereichsleiter Vertrieb & Digitales